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Die Psychologie des Spendens – und was das Storytelling damit zu tun hat

  • Autorenbild: Dr. Eva Wieners
    Dr. Eva Wieners
  • 29. Aug.
  • 5 Min. Lesezeit

Im Fundraising beschäftigen wir uns damit, wie wir Menschen dazu bewegen können, unsere Organisationen zu unterstützen – mit Geld, Zeit oder einer anderen Art des Einsatzes. Natürlich ist es dafür wichtig, zu verstehen, wie Menschen Entscheidungen treffen – für oder gegen eine Spende. Welche Mechanismen wirken im Gehirn und welche Stellschrauben ergeben sich dadurch für uns - zum Beispiel durch das Storytelling?

Dies nennt man auch oft die Psychologie des Spendens: Warum entscheiden sich Menschen für oder gegen eine Spende?

Paul Slovic, renommierter Psychologe und Experte für Spendenverhalten, beschäftigt sich vor allem mit der Frage, warum Menschen sich gegen eine Spende entscheiden. Er hat mehrere psychologische Mechanismen identifiziert, die erklären, warum Menschen in entscheidenden Momenten nicht spenden. Seine Erkenntnisse sind ein spannender Einblick in die menschliche Psyche und geben uns eine wertvolle Grundlage für die Gestaltung wirkungsvoller Fundraising- und Kommunikations-Strategien. Im Folgenden schauen wir uns einige dieser Faktoren einmal genauer an.


Die Macht des Einzelschicksals

Menschen reagieren stark auf das Schicksal eines identifizierbaren Individuums. Hier ist es möglich, Empathie zu entwickeln, denn wir fühlen mit anderen Personen schnell mit und können nachvollziehen, in welcher Situation sich jemand befindet.

Sobald abstrakte Zahlen oder Statistiken dominieren, schwindet jedoch das Mitgefühl. Plötzlich werden die Informationen in einem anderen Bereich des Gehirns verarbeitet – dem rationalen – und Emotionen entstehen nicht mehr. Das führt dazu, dass ein einzelnes Bild mehr bewirken kann als jede Tabelle.


Psychologie des Spendens - Storytelling Entscheidungsfindung
Die Entscheidung für oder gegen eine Spende hängt von verschiedenen Faktoren ab - die Psychologie des Spendens

 

„Nur ein Tropfen auf den heißen Stein“

Wenn das Problem zu groß erscheint, verlieren Menschen den Glauben an die Wirksamkeit ihres Beitrags. Wenn man sich mit einer sehr großen Gruppe konfrontiert sieht, die Unterstützung benötigt, entsteht das Gefühl, dass der kleine Beitrag, den man selbst leisten kann, keinen Unterscheid macht – also wie ein Tropfen auf dem heißen Stein direkt verdampft.

Die Vorstellung, dass viele nicht gerettet werden können, lähmt, auch wenn das Retten eines Einzelnen natürlich trotzdem einen Unterschied macht. Vielleicht kennen das einige auch von sich selbst – möchte man aufräumen, aber das Chaos ist allzu groß, verschiebt man das Ganze vielleicht nochmal, um auszuweichen. Wenn allerdings nur ein paar Dinge weggeräumt werden müssen, findet man viel eher einen Start.


Überforderung durch Komplexität

Globale Krisen wirken oft diffus und überwältigend. Vielen Menschen fällt es schwer, diese zu verstehen und Zusammenhänge zu erkennen. Als Reaktion auf Überforderung bietet das Menschliche Gehirn uns einen einfachen Ausweg – Ausweichen. Fühlen wir uns also überfordert, ist es am einfachsten, sich zurückzuziehen und sich nicht damit zu beschäftigen, das Problem komplett erfassen zu müssen (was ja oftmals sowieso kaum möglich ist).

Unübersichtlichkeit und Überforderung führt zu innerem Rückzug und letztlich zur Entscheidung, nichts zu tun. Auch hier hilft zum Verständnis vielleicht ein Bild aus der eigenen Erfahrung. Wenn die Mathehausaufgaben viel zu kompliziert sind, geben Kinder oft auf, anstatt zu versuchen, sich langsam anzunähern, denn das Gefühl das entsteht ist Frust und nicht Selbstermächtigung.


Distanz verringert Hilfsbereitschaft

Je mehr Distanz wir zu einem Thema oder einem Ereignis haben, desto weniger betroffen fühlen wir uns davon – und Distanz kann hier sowohl räumlich als auch thematisch und emotional verstanden werden. Wenn uns der Bezug zu einer Krise fehlt, haben wir auch weniger das Gefühl, hier helfen zu müssen.

Eine Überschwemmung in Asien ist zwar schrecklich, tangiert uns aber deutlich weniger als die Katastrophe im Ahrtal – hier kam alles plötzlich ganz nah. Das gleiche gilt aber für emotionale Nähe. Haben wir etwas schonmal erlebt, so können wir viel einfacher mit Menschen mitfühlen, die gerade damit zu kämpfen haben. Viele Organisationen aus der Ukraine berichten, dass Unterstützende in Deutschland häufig selbst eine Fluchtbiografie haben – hier herrscht besonders viel Verständnis.

Kurz gesagt: Was weit entfernt erscheint – geografisch oder emotional – aktiviert weniger Empathie. Nähe erzeugt Relevanz.


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Diffusion von Verantwortung – der Zuschauer Effekt

Wenn viele helfen könnten, geht der Einzelne oft davon aus, dass andere es bereits tun. Fühlt man sich als einzelnes Individuum nicht angesprochen, so bleibt man oft passiv. Dies ist auch in anderen Situationen zu beobachten und wird dann als der „Zuschauer-Effekt“ beschrieben. Wird jemand z.B. in der U-Bahn angegriffen oder belästigt, so greift oftmals niemand ein, wenn viele dabei sind – es könnte ja auch jemand anders aktiv werden. Ist man alleine, so ist klar: wenn ich nichts tue, tut niemand etwas.

Haben Menschen also das Gefühl, dass die Verantwortung eigentlich bei anderen liegt, oder dass zumindest andere helfen könnten, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie aktiv werden viel geringer.


Zweifel an Wirkung und Seriosität

Wenn Unklarheit über den Einsatz von Spenden oder das Vertrauen in Organisationen herrscht, ist die Bereitschaft zu helfen natürlich ebenfalls reduziert. Transparenz ist von großer Bedeutung. Diese Unklarheit ist aber häufig gar nicht auf Fakten basiert, sondern eher eine gefühlte. Wenn Menschen Prozesse nicht verstehen, entsteht Misstrauen.

Besonders im gemeinnützigen Sektor und nochmal speziell im Fundraising sind Organisationen sehr hohen Ansprüchen ausgesetzt. Menschen möchten genau wissen, wie das Geld verwendet wird und welchen Weg es geht und akzeptieren hier kaum Grauzonen. Es bleibt wenig Raum für Unklarheiten.


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Geldgedanken verringern Altruismus

Bereits das Nachdenken über Geld kann egoistische Tendenzen verstärken. Wer sich mit finanziellen Themen beschäftigt hat, zeigt danach häufig weniger Hilfsbereitschaft. Wenn Menschen über Geld und dessen Wert nachdenken, bevor sie eine Spendenentscheidung treffen möchten, spenden sie eher weniger als mehr – vielleicht auch, weil dann der rationale Teil des Gehirns wieder mehr die Führung übernimmt, statt des emotionalen.

Wird also der monetäre Aspekt des Spendens in den Vordergrund gestellt, so kann diese dazu führen, dass Menschen aussteigen und weniger spenden – oder gar nicht.

 

Und was hat Storytelling damit zu tun?

Es scheint recht deutlich – Storytelling ist der Schlüssel, der in der Fundraising-Kommunikation viele dieser Probleme adressiert, umschifft und löst. Denn Storytelling überwindet genau die Distanz, die sich durch die obenstehenden Punkte aufbaut und ermöglicht Zugang zu Emotionen – und damit auch zu emotionalen Entscheidungen.


Psychologie des Spendens - Brücken schlagen durch Storytelling
Storytelling schlägt die Brücke zwischen Spendenden und Projekten und schafft eine Verbindung

In einer Geschichte geht es plötzlich nicht mehr um eine große Menschenmenge, sondern um eine Person. Das Problem ist nicht mehr in weiter Ferne, sondern plötzlich fühlt man mit. Anhand einer individuellen Geschichte verstehe ich auch komplexe Zusammenhänge schneller und ich fühle mich direkt angesprochen - die Geschichte geht mir ja nahe. Der Zuschauer Effekt greift nicht mehr, denn jetzt werde ich ja direkt angesprochen. Transparenz entsteht, da mir ein tiefer Einblick gegeben wird, und ich denke nicht mehr über Geld nach, da ich bei der Geschichte mit dabei bin.

Storytelling ist also viel mehr als ein reines Kommunikations-Instrument, sondern die Brücke zwischen Spendenden und Projekten, die Einblicke und eben das Mitfühlen ermöglicht. Wenn Sie erfolgreich die Psychologie des Spendens für sich und Ihre Organisation nutzen möchten, dann kommen Sie um das Storytelling nicht herum.

Möchten Sie mehr über das Storytelling für Vereine und gemeinnützige Organisationen lernen? Schauen Sie sich doch einfach mal unser Angebot an - vielleicht sehen wir uns ja im nächsten Seminar.

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